Wir stehen für anwendungsorientierten Forschungstransfer auf internationalem Niveau. Als eigenständiges Forschungsinstitut arbeiten wir daran, innovative Technologien zu entwickeln und Geschäftsmodelle vorauszudenken.
Um die Vorherrschaft der Cloudanbieter aus den USA und China zu brechen oder mindestens zu mildern, wurde in Europa auf Initiative der deutschen Bundesregierung 2019 das Projekt Gaia-X zur Entwicklung einer europäischen IT-Plattform aufgesetzt.
Ein wesentlicher Grund ist dabei auch, dass außereuropäische Regierungen das Recht besitzen, auf Daten der Unternehmen ihres Landes zuzugreifen, unabhängig davon, wo sie gespeichert sind. Dieses gilt dann z.B. auch für europäische Anwender bei den Hyperscalern aus den USA. Bei Gaia-X sollen dagegen die europäischen Standards zum Datenschutz und zur Datensouveränität, wie sie z.B. in der Datenschutz Grundverordnung (DGSVO) festgelegt sind, gewährleistet sein. Der Eigentümer von Daten soll die Kontrolle (Hoheitsrechte) über seine Daten besitzen. Er soll entscheiden können, wer auf seine Daten mit welchen Rechten zugreifen darf und die Rechte auch wieder entziehen können. Insgesamt bezieht sich die Datensouveränität auf die Bestimmung des Speicherortes, des Eigentums und der Verfügung (Zugriff) über die Daten.
Prof. August-Wilhelm Scheer ist einer der prägendsten Wissenschaftler und Unternehmer der deutschen Wirtschaftsinformatik und Softwareindustrie. Seine Bücher gehören zu den Standardwerken des Geschäftsprozessmanagements; die von ihm entwickelte Managementmethode ARIS für Prozesse und IT wird in vielen Groß- und mittelständischen Unternehmen international eingesetzt. Er ist Gründer erfolgreicher Software- und Beratungsunternehmen. Zu den Unternehmen zählen das Beratungshaus Scheer GmbH, das Softwareunternehmen Scheer PAS GmbH und die imc AG für digitale Lerntechnologien.
Zur Förderung des anwendungsorientierten Forschungstransfers hat er im Jahr 2014 das August-Wilhelm Scheer Institut für digitale Produkte und Prozesse gGmbH gegründet. Als Unternehmer und Protagonist der Zukunftsprojekte „Industrie 4.0“ und „Smart Service World“ arbeitet er aktiv an der Gestaltung der Digital Economy. 2017 wurde Scheer in die Hall of Fame der Deutschen Forschung aufgenommen.
Zunächst bestand die Idee, in dem Projekt auch eine wettbewerbsfähige Cloud-Infrastruktur aufzubauen, indem die Infrastrukturen der in Europa vorhandenen Unternehmen und Institutionen zu einem europäischen Serverpark zusammengeschaltet würden. Von dieser Absicht wurde aufgrund des Vorsprungs der Hyperscaler Abstand genommen. Sie werden stattdessen auf der Infrastrukturebene mit eingebunden.
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt Gaia-X, das in Deutschland vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 117 Mio. EUR unterstützt wird, ist nun auf die Entwicklung von Architektur, Standards, Regeln, Zertifizierungen und Software der Plattform ausgerichtet.
Ziel ist es, auf der Cloud-Plattform die Datensouveränität des Einzelnen zu wahren, gleichzeitig aber einen gemeinsamen Datenraum zu schaffen, der von allen nach festgelegten Regeln zum Datenaustausch genutzt werden kann. Es werden Dezentralisierung und Zentralisierung miteinander verbunden. Dieses lehnt sich an dem politischen Begriff Föderalismus an, bei dem ein Bundesstaat bei weitgehender Eigenständigkeit der Einzelstaaten gebildet wird. Deshalb wird der Begriff föderal oder federated häufig verwendet.
Die Gaia-X Architektur
Die Gaia-X-Architektur soll offen und transparent sein. Dazu werden Standards, Open Source Software (OSS) und dezentrale Verteilung unterstützt – im Gegensatz zu proprietären, geschlossenen und zentralisierten Systemen. Anwender sollen bei der Nutzung dieser europäischen Cloudlösungen Komponenten und Anbieter leicht auswechseln und entwickelte Services frei kombinieren können.
Die Abbildung gibt einen Überblick über die Architektur von Gaia-X. Sie besteht aus den drei Ebenen Infrastruktur, Föderation und Daten.
Die Infrastrukturebene erfasst Angebote von Netzwerken, Clouddiensten (private, public, hybrid) und Edgediensten. Internationale Hyperscaler arbeiten auf dem Infrastrukturlayer als Cloudprovider mit.
Die Föderation (Federation)-Ebene umfasst die wesentlichen Regeln und Dienste, nach denen die Daten der Anwendungen verwaltet werden. Sie bilden das Zentrum für die Unterstützung der digitalen Souveränität des Gaia-X-Konzeptes. Mit den dort angebotenen Diensten werden die Gaia-X konformen Anwendungen entwickelt. Sie unterstützen deshalb die Standardisierung. Solange die Dienste nicht zur Verfügung stehen, müssen fehlende Funktionen in den Anwendungen spezifisch entwickelt werden, was zur Verwässerung des Konzeptes führt.
Der Identity & Trust Dienst umfasst die Authentifizierung, Autorisierung und das Identitätsmanagement.
Der Sovereign Data Exchange Dienst unterstützt den transparenten Datenaustausches zwischen Anwendungssystemen.
Der Federated Catalogue enthält die Gaia-X Angebote von Anbietern in der Cloud, aus denen Nutzer die, für sie geeigneten auswählen können.
Der Compliance Dienst stellt sicher, dass alle angebotenen Services die Gaia-X Regeln zu Datenschutz, -sicherheit und -souveränität einhalten.
Auf der Federation Ebene bauen die Daten-Spaces mit den Anwendungen auf.
Innerhalb des Gaia-X Projektes werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Leuchtturmprojekte für Anwendungen gefördert, die weitere Projekte der Verwaltung und Wirtschaft motivieren sollen. Diese sind u.a.:
Marispace-X zur Digitalisierung des maritimen Raumes, speziell zur Bergung von Munition im Meer.
Projekte
Das Projekt Health-X dataLOFT behandelt den Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten.
Das Projekt Merlot entwickelt einen Marktplatz für Bildungsangebote, die Benutzer bei ihrer Karriereplanung lebenslang unterstützen sollen.
In dem Projekt Possible werden datensouveräne Dienste zum Datenaustausch zwischen Behörden, der Wirtschaft und Privaten entwickelt.
Die Projekte haben bei den Federation Services unterschiedliche Schwerpunkte und sind deshalb ein breites Testbed für das Gaia-X-Konzept.
Mit dem Projekt CATENA-X wird vom BMWK ein gemeinsamer datenraum für die Logistik (Supply Chain) zur Vernetzung der Zulieferer in der Automobilindustrie gefördert. Ihm schließt sich mit dem Projekt PRODUCTION-X ein Projekt für die gesamte Industrie an.
Gaia-X soll und kann der europäischen Softwareindustrie einen Entwicklungsschub geben und generell der europäischen softwareintensiven Wirtschaft durch Betonung der Datensouveränität international einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Insbesondere können bei mittelständischen Unternehmen die Vorbehalte gegenüber Cloudlösungen abgebaut werden.
Die Zukunft von Gaia-X
Zurzeit kann noch nicht abgesehen werden, ob das Konzept die hohen Erwartungen erfüllen wird. Für das Jahr 2025 wird erwartet, dass die Gaia-X Plattform unter den ersten 10 Plattformen der Welt sein wird. Dieses ist ein ehrgeiziges Ziel.
Da viele europäische Großunternehmen aus der IT-Industrie sowie der Anwendungswirtschaft und Verwaltung engagiert mitarbeiten, kann dem durchaus eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit zugesprochen werden. Es ist anzuerkennen, dass Europa die Wichtigkeit der Digitalisierung erkannt und die Aufholjagd gegenüber Amerika und Asien begonnen hat. Vielleicht ergeben sich während der Projektarbeit auch neue Wege, die noch nicht absehbar sind. Schließlich hatte Columbus 1492 geplant, den Seeweg nach Indien zu finden und hat stattdessen Amerika entdeckt. Entscheidend für seinen Erfolg war, dass er sich in Bewegung gesetzt hat und sich nicht in Lissabon dem Müßiggang hingegeben hat. Deshalb allein ist das Projekt zu begrüßen.
Timing - zum effektiven Umgang mit der Zeit
Wissenschaftler, Unternehmensgründer, Politikberater und Musiker – dies alles vereint unser Gründer und Geschäftsführer Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer in einer Person. Sein neues Buch Timing – zum effektiven Umgang mit der Zeit handelt von seinen Erfahrungen und Empfehlungen aus den vergangenen Jahren, kombiniert mit einem klaren Blick auf die Zukunft.
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